Im Sommer scheint der Park die Stätte eines beständigen Volksfestes, da sind wir Gäste. Die Bänke an der Uferpromenade sind dicht besetzt mit Ausflüglern aus den ärmeren Gebieten, Tennisspiele sind im Gange, Schachspieler sitzen rittlings auf den Bänken und erteilen Kiebitzen Unterricht, Leute mit der vorgestrigen Zeitung überm Gesicht schlafen wie in der eigenen Wohnung (die der Park sein mag), auf der Wiese an der 74. Straße lassen die Spaziergänger ihre Hunde laufen und bleiben gern stehen zu einem Gespräch über ihre Tiere, Picknicks breiten sich im Grase aus, halbnackte Kinder springen und kreischen unter den blitzenden kühlen Fontänen auf den Spielplätzen, jagen die Schaukeln, drängen sich um den Mann mit dem Eiskarren. Dauerläufer sind unterwegs, gegen zwei kam eine Radfahrer-Parade mit Luftballons vorbei. Im städtischen Yachthafen an der 79, Straße kann ein Kind sehen wie ein Boot aufgetakelt wird, an der 88. Straße stehen immer ähnliche Kunden mit Angeln und hoffen auf Fische von robuster Konstitution, sie fangen da einen jämmerlichen Aal von Zeit zu Zeit, und es genügt ihnen das Sportliche daran. Auf der Höhe welcher Straßen wir aber sind im Park, das sehen wir an den Zahlenplatten an den Laternenpfählen, PL 38310 entspricht der 83. Straße, und daß die Laternen entworfen sind von Henry Bacon, dem Erbauer des Lincoln-Denkmals in Washington, wir haben es nachgelesen, so sind wir hier zu Hause.
Der Park ist benutzbar, er hat die Vorliebe der Polizei gefunden. Dort fahren sie ihre Funkwagen auf zu Verschnaufpausen und Mannesworten, und in der warmen Jahreszeit stellen die Ordnungsmächte ihre Pferde in den tiefen Schatten des Gebüschs. Sie sind zu sehen, und Leute auf den Bänken müssen einander nicht bekannt sein, damit sie ein Gespräch anbieten. Das Bild des Parks scheint aus keinen anderen als friedlichen Vorgängen zusammengesetzt, und tatsächlich fühlen viele Anwohner des Riverside Drive eine Zusammengehörigkeit. Sie sind nach einem Ausmaß von Erziehung einander ähnlich, ihre Einkommen sind vergleichbar, sie sind nur in Ausnahmefällen nicht rosahäutig, sie schicken ihre Kinder in die gleichen Anstalten, sie haben gemeinsame Wohnbedingungen zu verteidigen, sie treten als Gruppe bei politischen und Elternversammlungen auf. Wer in dieser Gegend morgens mit einem Kind an der Hand auf den Bus wartet, kann fast sicher darauf vertrauen, von bloß Blickbekannten zur Schule oder zum Kindergarten mitgenommen zu werden, und der Busfahrer, dem gequetschten Stadtverkehr in den raschen Fluß des Riverside Drive entkommen, spricht mit den hier Zusteigenden wie mit einer Familie, die netter ist als andere.
Die dunkelhäutigen Besucher hingegen kommen aus Gegenden, in denen Parks nicht vorgesehen sind oder bei der Polizei weniger beliebt und nun zerstört, das Gras verdorrt und weggetreten, die spärlichen Bäume beschädigt und der Boden dicht bestreut mit Splittern von Glas, das da in säuberlicher, gleichmäßiger Wut zerschlagen wurde. Im Riverside Park sind die dunkelhäutigen Kinder an einem Wochentag in der Minderheit, sie spielen in Gruppen für sich, und die Negerin, die ein Rudel wild rennender Kinder im Auge behält, paßt nicht auf ihren eigenen jungen auf, sondern auf den ihres rosahäutigen Arbeitgebers. Auf den Baseball-Plätzen sind die Puertorikaner für sich, auf den Basketfeldern üben die Neger für sich allein, und Fußball spielen die Westinder untereinander. Sie borgen die Landschaft, die ihnen zusteht.
Wir können gehen auf der Promenade am Hudson, von den engen Pfaden neben der Autobahn über die prächtigen Ausläufe aus Pflastern und gepflegten Zäunen unter Laternen bis zu den ungeschützten Graswegen und zur 124. Straße, wo im Schatten einer Großzahnespe eine Plakette in Fels gesetzt ist, zum Andenken an das Wirken der Frauenliga für die Beschützung des Parks Riverside. Da sollten wir nicht Mitglieder sein. Wir haben den Fluß. Der Fluß unter dem unverstellten Himmel zieht auf das nahe Meer zu, bietet langsam reisende Schiffe, nachts Nebelhörner, grüne, graue, blaue Farben gemischt mit denen des Parks, eine Ansicht von Ferien, und so vergiftet ist der Fluß von der Industrie, Menschen dürften da nicht einmal baden. Der Fluß sammelt das Licht des Himmels und seinen Schmutz, der hilft die Sonnenuntergänge gefährlich kolorieren. Der Geruch des Flusses kommt mit an den Riverside Drive. Schon halten die Blätter des Parks Lampenlicht unter sich in strahlenden Höhlen. Im Bauch des Parks rumpeln die Güterzüge, sie bringen aus Iowa und Nebraska Fleisch für die Märkte New Yorks, aus Maine und Canada Wälder verwandelt in Papier für die New York Times von morgen, für das Tagebuch der Welt. Über den blinkenden Lichterterrassen New Jerseys, über dem Farbenknäuel des Rummelplatzes auf den Pallisaden, über dem grauen Fluß, einem weiten Tor zum Norden, sind an flachen Kabelbögen weiße Birnen aufgereiht, über das doppelstöckige Brett zwischen den beiden Pfeilern der Washington Bridge tappen Scheinwerfer und Katzenaugen, und die Reiseführer Europas empfehlen den Anblick. Mehr als den Anblick können wir nicht empfehlen.
Hier leben wir.